PRÄSENTATION UND BESTANDSERSCHLIESSUNG IN ARTOTHEKEN Alexandra Otto (Leiterin der Graphothek Berlin) Inhalt 1 Präsentation 1.1 Ziele und Aufgaben der Sammlung Dass Kunstwerke sich präsentieren müssen, um ihre Wirkung zu entfalten, ist einleuchtend. Der Präsentation kommt also besondere Bedeutung zu. Zuvor ist jedoch zu definieren, welche Ziele und Aufgaben erreicht werden sollen. 1.2 Sammlungsgeschichtliche Erkenntnisse und Museumspraxis als Hilfestellung Die in frühen Sammlungen übliche raumsparende Hängung und die speziell für die Kunst des 20. Jahrhunderts entwickelte heutige Museums- und Ausstellungspraxis bietet verwertbare Erkenntnisse für die Artotheksarbeit. 1.3 Die Realität der Sammlung Darunter sind die Räume, die Beleuchtung, Mobiliar und Sicherheitsfragen für Benutzer und Objekte zu verstehen. Außerdem gehören dazu die Rezeptionsvorgaben, die das Kunstwerk erst ausstellbar machen, z. B. Rahmen, Hängung, Erläuterung. 2 Erschließung Sobald der Bestand so angewachsen ist, dass nicht mehr alle Kunstwerke gezeigt werden können ("Freihandaufstellung"), werden Fragen der Erschließung des wie auch immer magazinierten Bestandes wichtig. 2.1 Erschließung durch alphabetische Kataloge Zettelkataloge, Bandkataloge (mit und ohne Abbildung) 2.2 Systematische Bestandserschließung Verwendung von Zettelkatalogen, Diaserien, evtl. Möglichkeiten der Datenverarbeitung. 2.3 Verzeichnisse, Infomaterial Gedruckte Gesamtverzeichnisse, Auswahlverzeichnisse, Listen, Sammelblätter. Hier beginnen die Übergänge zum didaktischen Vermittlungsbereich und zur Öffentlichkeitsarbeit. 1 Präsentation 1.1 Ziele und Aufgaben der Sammlung Artotheken bauen einen Bestand auf, um diesen - in Einzelteile zerlegt - zu verleihen: Eine paradoxe Situation! Einerseits entsteht eine Sammlung mit den dafür typischen Merkmalen Konzept, fester Standort, Betreuung, und entsprechend muss sie sich präsentieren. Andererseits sollen Teile einzeln "verwertet" werden, aus der Sammlung gelöst werden können, d. h. die Kunstwerke müssen sich im Kontext der Sammlung behaupten, und sie müssen außerdem ihre Wirkung an unbestimmten Orten in den Augen unbekannter Menschen entfalten. Die Erfüllung beider Aufgaben ist ein schwieriges Kunststück. Artotheken wollen ein reichhaltiges Programm zeigen, ihr Sammlungskonzept sichtbar machen (z. B. Graphik von 1960 bis heute, regionales Kunstschaffen usw.), und sie wollen dem Besucher Lust machen, einzelne Objekte durch Ausleihe näher kennenzulernen. Um beides erreichen zu können, bedarf es einiger Vorkehrungen. 1.2 Sammlungsgeschichtliche Erkenntnisse und Museumspraxis als Hilfestellung Für die angemessene Präsentation der Kunst des 20. Jahrhunderts gilt die feste Regel der "weißen Zelle"'), d. h. weiße Wände, gute schattenlose Beleuchtung, Prinzip der Einzelhängung, großzügig bemessener Platz pro Werk. Diese Verhältnisse sind heute so selbstverständlich, dass viele Künstler sie in ihre Arbeit mit einbeziehen, sozusagen für diese Präsentation arbeiten. (Frank Stellas "shaped canvasses" von 1964 z. B. verlassen die rechtwinklige Form des Tafelbildes, sie sind daher nicht "raumsparend" zu hängen. Außerdem lassen ihre durchbrochenen Mittelpartien die Wand dahinter als Teil des Bildes erscheinen, setzen also eine neutrale Wand voraus). In einer fast klinisch reinen Atmosphäre, in der nichts ablenkt, kann jedes Kunstwerk einzeln betrachtet und gewürdigt werden (fast ein neuer Kultraum!). weit zurück zu den frühen Privatsammlungen des 16./17. Jahrhunderts (auch noch zu den späteren Salons im 18./19. Jahrhundert). Deren Ziel war Fülle und Reichhaltigkeit; das Vorführen der Vielfalt künstlerischen Schaffens rangierte vor der Beschäftigung mit dem Einzelwerk. Deshalb waren die Wände dicht an dicht behängt und jeder Platz im Raum zur Präsentation genutzt. Zwischen diesen beiden Polen muss die Artothek eine vernünftige Mitte finden. | |||
1.3 Die Realität der Sammlung | |||
Leider können nur in den seltensten Fällen ideale räumliche Voraussetzungen geschaffen werden, sie würden eine eigene Architektur erfordern. Dennoch kann für einiges problemlos gesorgt werden.
Der Präsentationsraum sollte kein Eigenleben entfalten. Hat man die Auswahl, sind schlichte, rechtwinklig geschnittene, große Räume mehreren kleinen vorzuziehen. Große Flächen lassen sich in der Regel mit Standardmobiliar relativ preiswert einrichten und übersichtlich gestalten. Die Diebstahlsgefahr darf man nicht unterschätzen, überschaubare Raumaufteilung und sparsame Möblierung erleichtern die Überwachung. Die Präsentationsräume dürfen nur durch die Schleuse der Verbuchungszone verlassen werden können. Die Räume werden am besten weiß oder mindestens hell/neutral gestrichen. Die Beleuchtung sollte von oben kommen oder indirekt sein, um Schattenzonen zu vermeiden. Leuchtstofflampen in der Farbe "Warmton" (oder sinngemäße Bezeichnung) eignen sich wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Tageslicht am ehesten. Die Beleuchtung darf nicht übermäßig hell sein und soll möglichst wenig Wärme abstrahlen. Wärme und Heiligkeit können Schäden an Farben und Bildträger verursachen, die zum Verlust des Exponates führen können. Scheinwerfer, Spots usw. sind nur zur Beleuchtung von Plastiken geeignet. Für Bilder, besonders für alte Arbeiten auf Papier sind sie schädlich. Ebenso ist direkte Sonneneinstrahlung zu verhindern (Jalousien oder Gazevorhänge anbringen). Es ist wichtig, auch den Entleihern klarzumachen, was den Kunstwerken schadet. Man darf also keinesfalls mit schlechtem Beispiel vorangehen! Das Mobiliar sollte schlicht und auf das Notwendigste reduziert sein. Vitrinen müssen standfest, variabel, transportabel und leicht zugänglich sein. Stellwände müssen so geartet sein, dass sie leer wie maximal belastet gleich standfest sind. Sie sollten leicht zu reinigen oder überstreichbar sein, denn durch das dauernde Auf- und Abhängen der Bilder werden sie schnell unansehnlich. Die Auswahl an Vitrinen und Stellwänden ist vielfältig, die Preise sind sehr unterschiedlich. Haltbarkeit, praktische Handhabung und Standtestigkeit haben ihren Preis und sind kein Luxus. (Die Modelle wandeln sich schnell, Zubehör und Ersatzteile sind oft nach kurzer Zeit nicht mehr zu beschaffen, ein teureres aber haltbares System ist letztlich preiswerter!) Der Luxus beginnt bei der Variabilität; je mehr Winkelbildungen das Stellwandsystem erlaubt, desto teurer wird es. Bei der Beschaffung des Mobiliars sollte man den Fachmann des zuständigen Verwaltungsamtes zu Rate ziehen (fachtechnische Prüfstelle für den öffentlichen Dienst). Die Hängung der Exponate erfolgt wegen des ständigen Wechsels und der differierenden Größen am einfachsten mit Bilderleisten und Stahlseilen mit verstellbaren Haken. Auch Perlonseile sind möglich, aber weniger belastbar. Bewährt haben sich auch Gitter- oder Lochblechwände mit versetzbaren Haken. Nachteil: Die Exponate hängen auf einem unruhigen, gerasterten Untergrund. Objekte sind am besten in Vitrinen aufgehoben, die frei im Raum stehen sollten, damit man die Exponate allseitig betrachten kann. Da attraktive Kleinplastiken die Neigung haben, in Manteltaschen zu verschwinden und unverbucht die Artothek zu verlassen, sollten die Vitrinen verschließbar sein. Die Räume dürfen nicht zu eng möbliert werden. Fluchtwege und Durchgänge für Transportkarren in den Maßen der größten Ausstellungsstücke bzw. Vitrinen müssen frei bleiben. Die Sicherheit für Benutzer und Objekte ist oberstes Gebot. Unsachgemäße Behandlung durch Benutzer, z. B. beim Abhängen von Bildern, muss vorausgesehen und berücksichtigt worden. (Also keine Bilderstapel, die rutschen und umfallen können, keine Ablage- oder Anlehnmöglichkeiten für Bilder bieten, die nicht "idiotensicher" sind.) Falls für das Gebäude oder die Dienststelle ein Sicherheitsbeauftragter zur Verfügung steht, sollte man seinen fachkundigen Rat einholen. Diese ausstellungstechnischen Gegebenheiten sind die Grundlage jeder Präsentation, Die Rezeptionsvorgaben Damit kommt man zum Problem der Hängung. An sich ist ein großes 'Warenangebot" verlockend, also hängt man Bilder dicht an dicht, nutzt jeden verfügbaren Platz. Andererseits ergibt sich dann das Problem der Reizüberflutung. Wahrnehmungspsychologische Tests haben bewiesen, dass ein Überangebot an optischen Reizen zu einer Art Blockade im Gehirn führt. Das Auge sieht zwar alles, das Gehirn aber muss das Angebolene strukturieren, um es verarbeiten zu können. Scheint eine Auswahl nicht möglich, ist das Gesehene nicht zu ordnen, wird der Gesamteindruck abgelehnt. Für die Artothek bedeutet das: Neue, kunstfremde Entleiher sind kaum imstande, mit der angebotenen Menge optischer Eindrücke fertigzuwerden. Sie bedürfen gezielter Hilfe, bis sie im Sehen genug geübt sind, um eine sofortige Auswahl zu treffen und dann einzelne Objekte zur Betrachtung auszusondern. Man kann versuchen, die Exponate nach thematischen, stilistischen oder anderen systematischen Kriterien zu hängen. Der Vorteil für den Entleiher besteht in einer Vorstrukturierung der Leihobjekte, er kann das von ihm Bevorzugte direkter anstreben. Der optische Eindruck, den eine so gestaltete Artothek hervorruft, ist übersichtlicher, professioneller - auch musealer - als bei "kunterbunter" Hängung. Diese allerdings konfrontiert den Entleiher mit den unterschiedlichsten Sammlungsteilen, ohne dass er ihnen durch Umgehen ausweichen kann. Nach einer gewissen Gewöhnungsphase nehmen Benutzer auch ihnen bislang Fremdes bewußt wahr und beginnen, sich damit auseinanderzusetzen. Je nach Einzugsgebiet (Universitätsstadt, ländliche Gemeinde etc.) und Trägerschaft (Stadtbücherei, Kunstverein, Künstlerselbsthilfegruppe etc.) ist mit mehr oder weniger Kunsterfahrung und/oder Schwellenangst zu rechnen. Vom angestrebten oder zu erwartenden Benutzerkreis hängt - unter anderem - ab, für welches Präsentationskonzept man sich entscheidet. Je weniger museal und elitär oder "schick" eine Artothek wirkt, desto leichter wird sie kunstungewohnte Kreise erreichen können. (Galeristisches oder museales Image sollte jedoch nicht durch vermeintlich "volksnahen" Dilettantismus ersetzt worden.) Ob man sich für eine systematische Hängung entscheidet, hängt natürlich auch vorn Personal bzw. der Zeit ab, die zur Verfügung steht. Wenn der verleihbare Bestand dauernd wechselt, z. B. durch tägliche Ausleihe, erfordert die systematische Präsentation großen Aufwand, da man alle Exponate - nicht nur die durch Rücklauf hinzugekommenen - ständig neu gruppieren muss. Die Graphothek Berlin z. B. muss im Durchschnitt täglich 60 Exponate (Rücklauf) innerhalb einer Stunde hängen. Das wäre bei systematischer Hängung nicht zu schaffen. Unabhängig von der Präsentationsart gibt es einige grundsätzliche Dinge zu beachten. Wenn man die Wände in gesamter Höhe nutzt, gibt es immer gute und schlechte Zonen. Den Verkaufsstrategien der Supermärkte folgend, wird man die schlechten Zonen (ganz oben, ganz unten) mit besonders beliebten Bildern bestücken, den mittleren Bereich mit schwieriger zugänglichen Exponaten ausstatten. Man sollte natürlich darauf achten, Kleinteiliges in Augenhöhe aufzuhängen, bei Großformatigem muss man dem Betrachter den nötigen Sehwinkel ermöglichen. Das Problem des Einzelbildes, sich gegen die dicht aufgerückten Konkurrenten zu behaupten, ist so alt wie die Sammlungsgeschichte. Die zahlreichen Galerie-Stücke, die frühe Sammlungen abbilden, zeigen bereits dieses Problem. Poussin schreibt um 1640 an den Käufer eines seiner Bilder, wie Rahmen und Hängung innerhalb der Sammlung beschaffen sein sollen: "... schmücken Sie es (das Bild) bitte mit einem kleinen Rahmen, denn das braucht es, damit bei Betrachtung alter seiner Einzelheiten das Gesichtsfeld geschlossen bleibt und der Blick nicht darüber hinaus geht und von den benachbarten Objekten abgelenkt wird, die mit der Malerei eine bunte Mischung bilden und ihre Erscheinung verwirren. Es wäre sehr passend, wenn der besagte Rahmen in mattem Gold gehalten ist, denn dieses verbindet sich auf eine sehr sanfte Weise mit den Farben, ohne sie zu beeinträchtigen."') Den Rahmen und Passepartouts kommt also besondere Bedeutung zu. Neben ihrer Schutzfunktion dienen sie der Abgrenzung von anderen Objekten und auch der Neutralisierung vom Untergrund (von Biedermeier- bis Prägetapete). Rahmen und Passepartout gehören sowohl dem Bild wie auch der Umgebung an, die, sobald das Bild die Sammlung verlässt, ja nicht bekannt ist. Man darf die Rahmung daher nicht einseitig auf das Bild oder die Umgebung abstimmen (neutralfarbene Passepartouts; weiße, Alu- oder einfache Holzleisten). Um die Wirkung einzelner Bilder in Ruhe prüfen zu können, sollte für die Entleiher eine leere Stellwand oder -fläche vorhanden sein, auf die sie Bilder zur Einzelpräsentation hängen können. Möchte man Bildern besondere Aufmerksamkeit verschaffen, empfiehlt es sich, sie »sichtbar zu verdecken", z. B. die Bildseite zur Wand zu drehen, den Eindruck zu erwecken, die Bilder seien reserviert o. ä. Sie werden im Handumdrehen verliehen sein. Dieser Trick ist keineswegs neu. Man brachte bereits in den frühen Privatsammlungen vor einigen ausgewählten Bildern Vorhänge an, die nur zu besonderen Anlässen oder auf Bitten von Besuchern hin geöffnet wurden. Um dieses besonderen Interesses teilhaftig zu werden - schließlich konnte der Künstler nicht wissen, ob der Käufer seines Gemäldes ihm den Vorzug eines Vorhanges einräumen würde -, entstanden zahlreiche Bilder, bei denen in Trompe l'oeil-Manier ein halb geöffneter Vorhang gleich mit gemalt war. (Weiche Aufmerksamkeit Verhülltes auf sich zieht, beweisen im übrigen heute Christos verpackte Objekte!) Um das Angebot platzsparend noch mehr zu erweitern, kann man sich für Graphik auch verschiedener Ständer und Mappen bedienen, die ein relativ großes Fassungsvermögen auf kleinem Raum bieten. Direkt empfehlenswert sind diese Hilfsmittel jedoch nicht. Die Graphik ist, da ungerahmt, nur unzureichend geschützt. Die ständige Bewegung durch Blättern schadet am Farbauftrag (Bildhaut) und dem Papier, die Arbeiten sind dem unsachgemäßen Zugriff durch Entleiher stärker ausgesetzt als gerahmte Bilder. Daher dürfen die Graphiken nur kurzfristig in diesen Ständern/Mappen bleiben, man muss also für regelmäßige Umschichtung sorgen. Für Bilder auf Leinwand, die - da unverglast - nicht so viel wiegen, gibt es hintereinander gestaffelte herausziehbare Wände. Leider sind diese Depotsysteme teuer und erfordern einigen Platz. Bei der hier beschriebenen Präsentation bekommt das einzelne Bild den Charakter einer Ware. Bilder, die nur in Begleitung anderer Bilder auftauchen, erzeugen eine Kunstwahrnehmung, die nur oberflächlich sein kann. Um mehr in die Tiefe zu gehen, gehören zu den Rezeptionsvorgaben auch alle Arten von Texten, auch die mündliche Beratung, Erklärung, Tipps zur häuslichen Hängung usw. Weiterführende Literatur, Lexika, Kunstzeitschriften, Jahrbücher, Adressenbücher etc. sollten bereitstehen. Bildbeschreibungen an den Bilderrahmen (Rücken) sind sehr zu empfehlen! Die Graphothek Berlin begnügt sich allerdings mit Objektschildern (Karteikarten an den Bildrückseiten). Genauere Angaben müssen dann den Katalogen entnommen werden. Die hier aufgeführten Gedanken zur sachgemäßen Präsentation sind grundsätzliche Überlegungen zu diesem Problem. Sie lassen genügend Spielraum für eine Vielzahl individueller Lösungen, den speziellen Gegebenheiten der einzelnen Institutionen entsprechend. 2 Erschließung Wird der Bestand so groß (oder sind die Räume so klein), dass die Ausstellung aller verleihbaren Objekte quasi in Freihandaufstellung nicht mehr möglich ist, wird eine Erschließung des wie auch immer magazinierten Bestandes erforderlich. Alle im folgenden vorgeschlagenen Mittel sind für die Benutzung durch Entleiher gedacht. Selbstverständlich wird man außerdem interne Karteien usw. benötigen. | |||
2.1 Erschließung durch alphabetische Kataloge | |||
Ein alphabetisch nach Künstlernamen geordneter Katalog versteht sich als Grundbestand. Er weist den gesamten Bestand der Sammlung nach, also auch die Bilder, die verliehen sind.
Die einfachste Form eines solchen Bestandsnachweises ist der Zettelkatalog, wie in Bibliotheken üblich. Welche Angaben außer Künstler, Titel, Technik, Größe und Signatur auf den Karteikarten vermerkt sein sollen, ist Anschauungssache. Auf dem internen Katalog oder den Inventarisierungslisten, die nicht für die Benutzer gedacht sind, benötigt man ausführliche Angaben, z. B. Zustand, Preis, Bezugsquelle; bei Druckgraphik Auflage, Art der Signierung durch den Künstler. Werden den Karteikarten keine Abbildungen zugeordnet, muss die Beschreibung der Objekte wesentlich detaillierter sein. Ein nur beschreibender Katalog ist jedoch nicht benutzerfreundlich und - wie man aus eigener Erfahrung beim Studium spärlich illustrierter Auktionskataloge weiß - selbst für Kundige schwierig. Man sollte also die verleihbaren Objekte fotografieren oder fotografieren lassen. Man kann sich eventuell Hilfe bei anderen Dienststellen holen, z. B. Bildstellen, Pressestellen usw. Notfalls genügen auch Fotos von leicht zu bedienenden Sofortbildkameras. Die Graphotek Berlin hat mit Hilfe selbst erstellter Fotos und Karteikarten im internationalen Bibliotheksformat einen bebilderten Bandkatalog für Benutzer entwickelt. Bild und Karteikarte werden auf ein, DIN A4 Blatt montiert, das dann - in eine Klarsichthülle verpackt - in Ringordnern mit Vierloch-Mechanik alphabetisch nach Künstlernamen eingeheftet wird. Zu jedem Künstler gehört eine Biographie, die entweder auf Informationen des Künstlers beruht, oder (oft mühselig) ermittelt wird. Außerdem werden Ausstellungsbesprechungen, Zeitungsartikel, Katalogvorworte, Künstlerstatements etc. mit aufgenommen. (Hier wären Bildbesprechungen natürlich sehr wünschenswert, vorausgesetzt man hat einen Fachmann, der sie erstellt, ohne exorbitante Honorare zu verlangen.) Alle Bilder, die verleihbar sind, werden mit einem Pappstreifen gekennzeichnet, der aus der Hülle gezogen wird, sobald das Bild verliehen wurde. Den Benutzern müssen zum Gebrauch dieses Kataloges Stühle und Schreibmöglichkeit zur Verfügung stehen. Außerdem sollte über dem Ständer mit den Katalogmappen ein Modell der Rahmengrößen hängen. (Wer weiß schon, wie groß 55 x 70 cm wirklich sind?) Auch die Angabe des Transportgewichtes hat sich bewährt. Abgesehen von den Biographien, deren Erstellung und Ermittlung schwierig sein kann und die einen gewissen Luxus bedeuten, ist dieser Katalog simpel zu erstellen und leicht zu benutzen. Er kann durch Einlegen zusätzlicher Blätter beliebig erweitert werden. Außerdem kann er, da er mehrbändig ist, von mehreren Entleihern gleichzeitig benutzt werden. Er ist die notwendige Grundlage für alle anderen Erschließungsmittel, da er den gesamten Bestand enthält und Auskunft über die Verleihbarkeit gibt. | |||
2.2 Systematische Bestandserschließung | |||
Ab einer Bestandsgröße von etwa 1000 Sammlungsstücken wird eine systematische Erschließung wünschenswert, ab 2000 notwendig. Einmal sind die "Artothekare" selbst nicht mehr in der Lage, alle zu einem Thema gehörenden Bilder im Kopf zu haben. Zum anderen sollen die Entleiher sich selbst helfen können, um bei Andrang an der Information Wartezeiten zu vermeiden. Viele Benutzer scheuen sich auch, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Graphothek Berlin hat deshalb erstmals eine Systematik entwickelt, die in große Oberbegriffe wie Themen, Stile, Techniken mit jeweils zahlreichen Unterabteilungen gegliedert ist. Alle Begriffe sind möglichst allgemeinverständlich gewählt. Benutzerfreundlichkeit rangiert vor korrekter Terminologie! Dank der Dezimalklassifikation lassen sich jederzeit Erweiterungen oder feinere Unterteilungen unterbringen. Diese Systematik ist auf den Bestand der Graphothek Berlin zugeschnitten. Sie hat sich jedoch so weitgehend bewährt, dass auch andere Artotheken vergleichbare Systematiken erstellt haben, die natürlich je nach Sammelgebiet variieren. Eine Systematik muss individuell dem Bestand und den Benutzerinteressen der jeweiligen Artothek angepaßt werden, vorhandene Systemartikel anderer Einrichtungen können als Denkanstöße hilfreich sein; verbindliche Modelle gibt es nicht. Um den Bezug zwischen der Systematik und den einzelnen Objekten herzustellen, kann man mit Diaserien und/oder Katalogen arbeiten. Den einzelnen Systematik-Begriffen werden Katalogkarten mit den auch im alphabetischen Katalog (AK) enthaltenen Angaben zugeordnet. Das kann in Zettelform, wie in Bibliotheken üblich, geschehen oder als bebilderter Bandkatalog. Der Zettelkatalog ist weniger aufwendig, aber auch weniger anschaulich. Für den Zettelkatalog haben sich einzelne transportable Katalogkästen mit Sicherungsstange (sichert gegen Herausfallen der Karteikarten) bewährt. Dergleichen ist im Bibliotheksbedarf, z. B. EKZ, erhältlich. Um den Entleihern die Benutzung zu erleichtern, kann man farbige Objekte extra kennzeichnen. Die Abbildungen kann sich der Entleiher an Hand der Karteikarte aus dem AK heraussuchen, wo er auch gleich erkennen kann, ob das gewünschte Objekt verleihbar ist. Will man einen schnellen Überblick über alle Bilder, die zu einem Thema gehören, ermöglichen, kann man entsprechende Diaserien erstellen. Alle Dias (aus Schutzgründen mit Glas gerahmt) tragen den Künstlernamen und die Bildnummer (wird mitprojiziert!), damit man am AK feststellen kann, weiche Bilder verfügbar sind. Die Projektion erfolgt am besten durch einen Hellraumprojektor (Rückprojektion), den man möglicherweise bei den örtlichen Bildstellen leihen kann. Der Vorteil der Diaserien besteht im Demonstrieren einer ganzen Thematik. Die Entleiher sehen auf Anhieb alles zu dem von ihnen gewünschten Thema. Nachteilig ist, dass nicht gekennzeichnet werden kann, welche Bilder verliehen sind. Das führt dann bei der Suche nach tatsächlich verleihbaren Bildern zum immer wiederkehrenden Stoßseufzer-. "Alles, was schön ist, ist weg!" Wichtig ist, dass der Projektor von Hand zu steuern ist, also jeder Benutzer die Durchlaufgeschwindigkeit selbst bestimmen und die Dias nach Belieben vorwärts und rückwärts laufen lassen kann. Leider kann der Projektor immer nur von einer Person benutzt werden, während mit den transportablen Karteikästen mehrere Leute arbeiten können. Entschließt man sich zu einer Systematik mit Dias und Zettelkatalog, ist ein einfaches Farbleitsystem vorteilhaft. Die Zusammengehörigkeit der Teile, nämlich Systematikbegriff, entsprechender Zettelkasten, Diaserien usw., wird durch Zuordnen derselben Farbe leicht erkennbar gemacht. Der systematische Katalog wird keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können. In der Regel tauchen die Bilder an drei Stellen auf: Thema, Stil, Technik. Es sind jedoch auch mehrere thematische Zuordnungen möglich, anderes lässt sich thematisch nicht erfassen (z. B. abstrakte Kunst). Möglicherweise ist eine Stilzuordnung unsinnig, z. B. wenn für e i n Bild/Objekt eine neue Sachgruppe geschaffen werden müßte. Lediglich die Technik lässt sich einigermaßen zweifelsfrei festlegen. Es sollte die Regel gelten, kein Bild in irgendwelche "SystematikSchubladen" zu zwängen, sondern Einordnungen nur da vorzunehmen, wo sie sich anbieten. Deshalb kommen manche Bilder vielleicht nur einmal im systematischen Katalog vor, andere möglicherweise sechsmal. Die Graphothek Berlin beispielsweise hat von etwa 4.500 Bildern ca. 12.000 Dias. Die Dias werden direkt im Magazin in Stapelkästen aufbewahrt, nach Sachgruppen und innerhalb dieser alphabetisch nach Künstlern geordnet. Sie können sofort in den Projektor eingelegt werden. Neben der systematischen Erschließung ist bei großen, international orientierten Beständen noch ein Register nach Herkunftsländern der Künstler nützlich. Sehr erfreulich wäre bei Beständen ab ca. 3.000 Objekten auch ein Schlagwortregister, das die Systematik sinnvoll ergänzt. Wegen des immensen Arbeitsaufwandes sind derartige Projekte - sie setzen voraus, dass jedes Objekt auf jedes mögliche Schlagwort hin abgeleuchtet wird - bisher im Plariungsstadium steckengeblieben. Weitere Ordnungskriterien sind denkbar, z. B. Größe, Hoch- oder Querformat, Material, Farben .... der Phantasie werden nur durch die aufzuwendende Arbeitszeit Grenzen gesetzt. Verfügt man eines Tages über Datenverarbeitung, sind derartige Kataloge relativ leicht als Listen zu erstellen. Auch könnten bei Bedarf thematische Listen der derzeit verleihbaren Objekte ausgedruckt werden und als Ergänzung zu den Diaserien benutzt werden. Auch Auskünfte zu so individuellen Wünschen wie "Neue Landschaft, Hochformat, 55 x 70 cm, Siebdruck" können per Datenverarbeitung rasch erteilt werden. Aber bis der erste Computer in einer Artothek steht, wird wohl noch einige Zeit vorgehen. | |||
2.3 Verzeichnisse, Infomaterial | |||
Besonders empfehlenswert sind Verzeichnisse, Listen etc., die der Benutzer mit nach Hause nehmen kann. Optimal wäre natürlich ein gedrucktes, bebildertes Gesamtverzeichnis. Für diesen Luxus wird kaum das nötige Geld aufzutreiben sein, zumal wenn derartige Verzeichnisse durch die ständige Erweiterung der Sammlung rasch veralten.
Selbst unbebilderte Gesamtverzeichnisse können nur bis zu einer gewissen Bestandsgröße herausgegeben werden, sie werden sonst zu umfangreich. Die Graphothek Berlin hat sich daher für eine Künstlerliste mit einigen illustrierenden Abbildungen entschieden. Diese Liste wird nicht nur zur Erstinformation genutzt, sondern von den Entleihern auch mit Randbemerkungen versehen, z. B. welcher Künstler besonders gefiel, was man gerne noch hätte, wer zu welcher Stilrichtung gehört. Da oft bestimmte Themen und Richtungen aktuell und viel gefragt werden (z. B. Neue Landschaft, Junge Wilde u. ä.), empfiehlt es sich, einfach erstellte Auswahlverzeichnisse herauszugeben. Sie bestehen aus einer Abbildung, die das Thema illustriert, und den alphabetisch geordneten Künstlernamen, wahlweise mit oder ohne Beschreibung der einzelnen Kunstwerke. Eine Abbildung auf dem Auswahlverzeichnis ist besonders dann erforderlich, wenn zu erwarten ist, dass der Oberbegriff (Op-art, informell, Neue Landschaft o. dgl.) mißverständlich oder unzureichend bekannt ist. Als Grundlage derartiger Auswahlverzeichnisse dient der systematische Zettelkatalog. Die Abbildung kann von einem Schwarz/weiß Foto fotokopiert werden. Diese Fotokopie wird mit der mit Schreibmaschine geschriebenen Künstlerliste zusammenmontiert. Die Vervielfältigung kann dann per Film oder ebenfalls Fotokopie erfolgen. Oft übernehmen entsprechende Stellen in Rathäusern oder ähnlichen Dienststellen die Vervielfältigung. Im weiteren Sinne gehört zur Erschließung des Artotheken-Bestandes auch anderes Infomaterial, wie z. B. Erläuterungen über Drucktechniken, Stilrichtungen, Künstleradressen. Denkbar, sinnreich und wünschenswert ist da vieles. Allerdings setzen auch hier die materiellen und personellen Möglichkeiten meist enge Grenzen. Die hier genannten Möglichkeiten der Präsentation und Erschließung sind sicher in vielen Punkten für kleine Artotheken nur Wunschvorstellungen. Auch werden nicht alle Katalogarten und Systematiken bei kleineren, überschaubaren Beständen gebraucht. Man sollte jedoch bedenken, dass es einerseits einen immensen Arbeitsaufwand bedeutet, den Bestand nachträglich zu fotografieren, zu systematisieren, etc., um neue Kataloge zu erstellen. Andererseits bedürfen einmal eingerichtete Kataloge etc. der ständigen Pflege und Erweiterung. Wichtig ist deshalb, sich bei Beginn der Arbeit darüber klar zu werden, welche Erschließungsmittel man voraussichtlich benötigen wird, um die Artothek benutzerfreundlich, sachgerecht und mit vertretbarem Aufwand einzurichten. | |||
zurück zur Literaturübersicht |